Melanchthon versucht, den Lebensunterhalt von Luthers Witwe Katharina von Bora zu regeln
Durch sein Testament von 1542 hatte Luther seine Ehefrau zur Vorerbin aller seiner Immobilien eingesetzt, was nach sächsischem Recht eigentlich unzulässig, aber vom Kurfürsten bestätigt worden war. Katharina hatte sich um den Ankauf von Grundbesitz, darunter auch das Gut Wachsdorf mehrfach bemüht. In der damaligen wirtschaftlichen Situation, die noch kein Bankwesen im heutigen Sinne kannte, war der Ankauf von Liegenschaften durchaus sinnvoll. Allerdings musste der Schmalkaldische Krieg diese Logik in Frage stellen.
Die Finanzierung des Wachsdorfer Projekts sollte durch ein Geschenk in Höhe von 2000 Gulden seitens des Mansfelder Grafenhauses erfolgen, das jedoch das zugesagte Geld noch nicht bezahlt hatte. Auf Melanchthons Bitten sollte deswegen der kursächsische Hof in Vorleistung gehen. Die noch fehlenden 200 Gulden sollte zur Hälfte der Briefschreiber und zur Hälfte der Adressat Nikolaus von Amsdorf übernehmen. Der vorliegende Brief stellt nur einen Bruchteil einer ansonsten verloren gegangenen Korrespondenz Philipp Melanchthons dar, der sich mit großem persönlichen Einsatz der Sicherstellung des Lebensunterhalts von Luthers Witwe widmete. Amsdorf hatte im Mai 1546 noch die Bischofswürde in Naumburg inne. Diese ermöglichte ihm wohl auch den Zugriff auf die erbetene Summe. Woher Melanchthon seinen Anteil nehmen würde, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Sicher ist, dass Wachsdorf letzten Endes in die Hände der Katharina von Bora kam, auch wenn ihre erste Flucht aus Kursachsen im Sommer 1546 sie daran hinderte, die Einkünfte für längere Zeit zu genießen.
Der Brief und die damit im Zusammenhang stehenden Dokumente verdeutlichen zum einen, dass Luthers Witwe auch nach dem Tode ihres Ehemanns in ungebrochenem Selbstbewusstsein die Sicherung eines standesgemäßen Lebens einforderte und dabei, das ist der zweite Aspekt, durchaus Erfolge auch bei Akteuren, die ihrem Wirken kritisch gegenüberstanden, verzeichnen konnte. Denn weder Melanchthon noch Amsdorf zeigen sich in den Quellen als vorbehaltlose Anhänger Katharinas. Beide sind jedoch einig, dass sie aufgrund der Verdienste ihres Gatten eine bevorzugte Behandlung verdiente.
Verfasser: Martin Treu
Signatur: Mscr.Dresd.R.97,Bl.13 (zum Digitalisat).
Edition der Quelle: MBW Nr. 4274, MBW.T Bd 15; CR 6, 149 (Nr. 3475).
Literatur: Das Katalogisat mit weiteren Literaturangaben zur Handschrift finden Sie in der Datenbank Kalliope - dem zentralen Nachweisinstrument für Handschriften, Autographe und Nachlässe.