Der Wittenberger Theologieprofessor Paul Eber (1511–1569) stammte aus Kitzingen und blieb seiner Geburtsstadt bis zu seinem Tod treu. Einer der Gründe dafür könnte das Stipendium gewesen sein, durch das die Stadt sein Studium in Wittenberg gefördert hatte. Einige erhaltene Briefe belegen die regelmäßigen Kontakte. Darüber hinaus kümmerte sich Eber, nachdem er Professor in Wittenberg geworden war, um die Kitzinger Studenten und beriet die Stadt mehrfach in Stellenfragen. Deutlich treten diese Aspekte aus dem hier vorzustellenden Brief hervor.
Als sich Eber am 25. Juli 1567 auf einer Reise nach Zwickau befand, traf er in Leipzig mit dem aus Kitzingen kommenden Boten zusammen, der ihm einen Brief des Bürgermeisters und Rats der Stadt überbrachte. Darin wurde ihm berichtet, dass der alte Lehrer Melchior Bauer gestorben war und die Stadt nun einen geeigneten Nachfolger für ihn suchte. Die Stadträte wollten wissen, ob ein Kitzinger Stipendiat so weit wäre, die freie Lehrerstelle übernehmen zu können. Bauer war selbst einmal Stipendiat der Stadt gewesen, bevor er in Kitzingen eine Lehrerstelle übernahm.
Gern antwortete Eber auf diese Anfrage, zumal er als Kind die Stadtschule von Kitzingen selbst besucht hatte. Bereits 1562 hatte er die Stadt bei der Suche nach einem neuen Lehrer beraten. Diesmal konnte Eber berichten, dass Daniel Burle als Lehrer nicht in Frage kam, weil er sich gerade zu Studien in Straßburg aufhielt. Einzig Albert Ulrich könnte er empfehlen, der ein sehr fleißiger und begabter Student war. Allerdings wandte Eber ein, dass Ulrich durchaus zu einem höheren Amt geeignet wäre. Man sollte ihn deshalb noch etwas studieren lassen. Wenn es der Bürgermeister und der Rat von Kitzingen wünschten, könnte sich Eber gern in Wittenberg nach einem geeigneten Kandidaten umschauen.
Eber nutzte diesen Brief auch, um für die Stipendiaten Georg Blümle, der das achte Jahr in Leipzig studierte, und Albert Ulrich um eine Stipendienerhöhung zu bitten. Das jährliche Stipendium von 40 Gulden reichte ihnen nicht aus. Vor allem könnten sie sich kaum Bücher kaufen. Sie selbst schlugen eine Erhöhung um 10 oder 12 Gulden vor. Eber versicherte dem Rat, dass er wüsste, wie viel Geld dies sei. Die beiden würden es aber nicht missbrauchen. Tatsächlich erhielt Ulrich das Stipendium noch bis 1570.
Eindrücklich belegt der Brief, wie wichtig es für frühneuzeitliche Studenten war, einen Fürsprecher wie Eber zu haben. Für die Stadt Kitzingen war der Kontakt zu Eber ebenfalls bedeutsam, weil sie so zuverlässig über ihre Stipendiaten unterrichtet wurden. Diese Beratung führte außerdem dazu, dass die Wittenberger Theologie auch in Kitzingen rezipiert wurde. Der Brief Ebers gelangte im 19. Jahrhundert durch den Ankauf aus dem Antiquariatshandel in die Bibliothek.
Verfasser: Stefan Michel
Signatur: Mscr.Dresd.C.107.f,3 (zum Digitalisat).
Edition der Quelle: Nicht nachgewiesen.
Literatur: Das Katalogisat mit weiteren Literaturangaben zur Handschrift finden Sie in der Datenbank Kalliope - dem zentralen Nachweisinstrument für Handschriften, Autographe und Nachlässe.