Autograph der Woche Ausgabe 24 von 95 |

Martin Luther: Nachwort zur Flugschrift „Der Durchlauchtigen hochgeborenen Frau Ursula, Herzogin von Münsterberg, Christliche Ursache, das Kloster zu Freiberg zu verlassen“, 1528.

Signatur: Mscr.Dresd.A.173,Bl.30-32

Am 6. Oktober 1528 entfloh die Herzogin Ursula zu Münsterberg und Troppau (um 1491–nach 1534) „wegen Bekäntnus der Evangelischen Religion“ aus dem Freiberger Jungfrauenkloster (Möller). Seit ihrer Kindheit gehörte Ursula dem Freiberger Magdalenenkloster an. Es geschah häufig, dass Töchter des Adels in ein Kloster geschickt wurden, um sie zu versorgen. Ursula las Schriften Luthers. Man erlaubte ihr zunächst – ihres hohen Standes wegen –, einen Prediger zu halten, der ihr das Evangelium verkündigte. Das währte nicht lange. Als ihm der Zugang zum Kloster verweigert wurde, floh Ursula „ihres hochbelästigten Gewissens“ wegen mit zwei gleichgesinnten Nonnen. Da sie verwandt war mit den beiden sächsischen Herzögen der albertinischen Linie Georg und Heinrich, erregte ihre Flucht Aufsehen. Ihre Flucht begründete sie in einem Schreiben an die beiden Herzöge, sie sei geschehen, „dieweil ich schuldig bin, vor Gottes Gericht Rechenschafft zu geben für meine Seele“; ihr Heil und Leben stehe allein auf Christus. Das Heil sei in der Taufe geschenkt, das Klostergelübde führe zu einer falschen Sicherheit, als ob man dadurch das Heil gewinnen könne.

Luther schrieb dazu ein Nachwort. Er wundert sich, wie sie aus dem fest verschlossenen Kloster hatte fliehen können. Er lobt Gott, dass sein Wort in der Welt wächst und zunimmt, dass es nicht allein das gemeine Volk zu Christus bringt, sondern auch Fürsten und Fürstinnen. Sie müssen ebenso zu Christus kommen und an ihn glauben, wenn auch noch viele sich dem Wort Gottes widersetzen. Doch ist Gottes Wort mächtiger als sie. Die heilige Schrift muss erfüllt werden, dass der Könige Töchter im Schmuck Christi gehen: „Solche Hofjungfrauen muss dieser König haben, die das liebe Kreuz, Schmach und Spott vor die Welt tragen. Das sind die rechten Nonnen und erwählten Bräute Christi, die nicht mit eigenen Werken und äußerlichem Scheine, sondern mit rechtem beständigen Glauben in seinem heiligen Wort … vertraut werden.“ Die aber gegen Christus toben, wird er nicht weit kommen lassen und ihre Anschläge zu Spott machen. Dass Ursula dem Kloster entkommen konnte, sei ein Wunder, das man nicht genug preisen kann. Das Evangelium tut Wunder genug, aber die Gottlosen wollen sie nicht sehen: „Ist es nicht wahr, da diese Fürstin noch im Kloster war, hätten es freilich Christi Feinde für unmöglich und für ein großes Wunder gehalten, dass sie sollte anderen Tages frei weg von Freiberg kommen, ehe es die Fürsten oder das Kloster merken würde; nun aber es geschehen ist, so ist es für sie kein Wunder, als hätte Gott nichts dazu getan, wie denn alle Gotteswerke in der Welt geschehen. Ehe sie geschehen, glaubt es niemand, wenn sie aber geschehen, so achtet es niemand. Unglaube geht vorweg, Vergessen folgt danach.“ Er wolle Gottes Wort preisen und die stärken, die noch im Glauben wanken. Es ist kein Kloster so verschlossen und kein Tyrann so mächtig, dass Gott nicht eingreifen könne.

Ursula floh über Leisnig nach Wittenberg, zog dann zu ihrer Schwester nach Marienwerder, später zu ihrem Vetter Herzog Friedrich II. nach Liegnitz. Ihr letztes Lebenszeichen ist ein Schreiben vom 2. Februar 1534. Wo und wann sie gestorben und begraben ist, ist nicht bekannt.

Verfasser: Karl-Hermann Kandler

Signatur: Mscr.Dresd.A.173,Bl.30-32 (zum Digitalisat).

Edition der Quelle: WA 26, (623-627), 628-633.

Literatur: Das Katalogisat mit weiteren Literaturangaben zur Handschrift finden Sie in der Datenbank Kalliope - dem zentralen Nachweisinstrument für Handschriften, Autographe und Nachlässe.