Autograph der Woche Ausgabe 35 von 95 |

Brief Philipp Melanchthons d. J. an Margaretha Kuffner, 14. Januar 1544.

Signatur: Mscr.Dresd.R.97,Bl.87-89

Ein Junge gibt gegenüber seinen Eltern klein bei

Der älteste Sohn des Reformators Philipp Melanchthon, Philipp der Jüngere, wurde am 21. Februar 1525 nachmittags um dreiviertel vier geboren. Die exakte Uhrzeit kennen wir aus seinem Geburtshoroskop, das ihm der Wittenberger Mathematikprofessor Erasmus Reinhold (1511–1553) stellte. Der kleine Philipp, nach Aussagen seines Vaters ein Siebenmonatskind, war häufig krank. Der Vater hielt offensichtlich nicht allzu viel von seinem Sohn, dessen Studierfähigkeit er in Zweifel zog und den er mit Hinweis auf die väterlichen Sorgen und seine milde Erziehung meinte, brieflich zu Gottesfurcht, Anstand und Gehorsam gegen die Mutter ermahnen zu müssen (Brief vom 9. Mai 1543, MBW 3243). Noch 1555, als der Sohn bereits 30 Jahre alt ist, erwähnt Melanchthon bei Erziehungsratschlägen gegenüber Valentin Korte, dass auch er die Natur seines Sohnes ertragen und ihr mit Milde begegnen müsse.

Besonders belastet wurde das Verhältnis durch das heimliche Verlöbnis des 18-jährigen Philipp mit Margaretha Kuffner. Die beiden trafen sich im Dezember 1543 in Wittenberg, verliebten sich und versprachen einander die Ehe. Doch die Eltern des potenziellen Bräutigams waren strikt dagegen, ganz besonders die Mutter. So musste Philipp d. J. auf den Brief seiner Freundin, die auf dem Eheversprechen bestand und ihn mit massiven Drohungen unter Druck setzte, einen Abschiedsbrief – der „ehrbaren und tugendsamen Jungfrau Margaretha Kuffner“ – schreiben. Darin äußert er sehr wohl Verständnis für ihre Lage: „Nun gehet mir wahrlich solchs heftig zu Herzen, und bekümmert mich nicht ein wenig, daß ihr von meinetwegen solch Bekümmerniß müßt tragen, weil ich aber gleicherweise in solcher Noth und Elend stecke, könnt ihr von mir itz keinen Trost gewarten, denn alleine daß ich wünsche und bitte Gott, daß er euch in solcher Betrubniß beistehen wolle.“ Den Brief Margarethas habe er seinem Vater zum Lesen gegeben, der verwundert sei, „daß ihr so sehr itz treiben möchte“, da doch die Mutter sehr heftig dagegen sei. Die endgültige Antwort müsse er noch mit dem Vater absprechen; das Ergebnis werde ihr noch schriftlich angezeigt werden.

Damit war aber die Geschichte noch keineswegs beendet, sondern weitete sich vielmehr zu einem Skandal aus. Denn Luther persönlich mischte sich ein, predigte von der Kanzel gegen das von den Eltern nicht gebilligte Eheversprechen und wandte sich am 22. Januar 1544 sogar an Kurfürst Johann Friedrich, um ihn für ein energisches Vorgehen gegen heimliche Verlöbnisse zu gewinnen, die unwirksam sein sollten, wenn sie gegen den Willen der Eltern erfolgten.

Philipp d. J., der eine juristische Ausbildung u. a. in Wittenberg und Marburg absolvierte, heiratete 1550 in Torgau die verwitwete Katharina Waldener und war u. a. als Universitätsnotar in Wittenberg tätig, wo er auch mit 80 Jahren am 3. Oktober 1605 (?) verstarb.

Verfasser: Stefan Rhein

Signatur: Mscr.Dresd.R.97,Bl.87–89 (zum Digitalisat).

Edition der Quelle: CR 5, Sp. 288-289 (Nr. 2847).

Literatur: Das Katalogisat mit weiteren Literaturangaben zur Handschrift finden Sie in der Datenbank Kalliope - dem zentralen Nachweisinstrument für Handschriften, Autographe und Nachlässe.