Empfehlung eines Lehrers für Pirna
In Sachsen waren neben den drei Fürstenschulen in der Mitte des 16. Jahrhunderts die städtischen Lateinschulen „das beste Kleinod“ für die Bildung der heranwachsenden Generation. So beschrieb es Petrus Plateanus, der Rektor der Zwickauer Lateinschule von 1535 bis 1546 war. Insbesondere Melanchthon lag die Verbesserung des Schulwesens am Herzen, so dass er 1528 die „Kursächsische Schulordnung“ verfasste und sich um die Vermittlung guter Lehrkräfte mühte. Aber nicht nur Melanchthon, sondern auch Luther und Bugenhagen empfahlen geeignete Absolventen als künftige Lehrer. So wandten sie sich am 11. November 1540 mit einem von Bugenhagen geschriebenen und von ihnen beiden unterzeichneten Brief an Anton Lauterbach (1502–1569), den Superintendenten von Pirna, er möge dem Rat und den Kastenherren in Pirna den Magister Johannes Götz für die Stelle als Schulmeister bzw. Rektor empfehlen.
Für die Wittenberger Reformatoren war Lauterbach ganz selbstverständlich der erste Ansprechpartner für diese Personalfrage bei der Besetzung einer Lehrerstelle. Lauterbach hatte in Wittenberg studiert und an der Stadtkirche als Diakon gewirkt. Als häufiger Gast im Hause Luthers hielt er dort die Tischgespräche fest. 1539 wurde er als Pfarrer und Superintendent nach Pirna berufen, wo er die Reformation einführte. Die Visitationskommissionen zur Einführung der Reformation befassten sich auch mit den Schulfragen. Im Protokoll der zweiten Kirchenvisitation in Pirna (22. Januar bis zum 2. Februar 1540) werden als Lehrer der Schulmeister Johannes Breme, der Baccalaureus Georg Richter aus Wernstadt bei Tetschen und die „Maidlein-Schulmeisterin“ genannt. Im Abschied der Kommission wurde Georg Richter zum Schulmeister (ludi rector, auch ludi magister bzw. ludi moderator genannt) eingesetzt. Da er wenig später Pirna verließ, war die Schulmeisterstelle vakant.
In dem Brief vom 11. November 1540 an Lauterbach in Pirna empfahlen Luther und Bugenhagen den am 23.9.1540 zum Magister promovierten Johannes Götz aus Themar bei Leipzig, der 1531 in Leipzig immatrikuliert, dort 1534 Baccalaureus wurde und ab 1539 in Wittenberg studierte, für die zu besetzende Stelle als Ludimagister. Lauterbach möge sich bei dem Rat und den Kastenherren für den frommen und gelehrten Götz einsetzen, zumal er in Pirna schon einmal als Ludimagister gearbeitet habe und bereits bekannt sei. Lauterbach aber konnte selbst mit dem Hinweis auf Luthers und Bugenhagens Empfehlung weder den Rat noch die Kastenherren in Pirna dazu bewegen, Johannes Götz für jene Stelle einzustellen. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich der Rat und die Kastenherren gegen jegliche Mitsprache des Superintendenten bei der Besetzung der Schulstellen zur Wehr setzten. Auch in Dresden beklagte der Superintendent Daniel Greiser 1575, dass ihm entgegen dem in der Generalordnung verbrieften Recht ein Mitwirken bei der Anstellung von Lehrkräften verwehrt werde. Vermutlich hat Götz dann statt in Pirna in Dippoldiswalde als Schulmeister für eineinhalb Jahre gearbeitet und danach in gleicher Funktion fünfeinhalb Jahre in Dresden. Später ist er Diakon und Pfarrer geworden und als solcher in Conradsdorf verstorben.
Statt Johannes Götz hat dann wohl Johannes Schumann, der seit Ostern 1540 schon Konrektor war, in Pirna als Schulmeister gewirkt.
Verfasser: Matthias Richter
Signatur: Mscr.Dresd.R.96,S.77-78 (zum Digitalisat).
Edition der Quelle: WAB 9, S. 267 f. (Nr. 3551).
Literatur: Das Katalogisat mit weiteren Literaturangaben zur Handschrift finden Sie in der Datenbank Kalliope - dem zentralen Nachweisinstrument für Handschriften, Autographe und Nachlässe.