In der Mehrzahl der Briefe, die von Luther erhalten sind, handelt es sich bei den Adressaten um Männer. Nicht so bei dem Brief, der hier zu besprechen ist. Mit Katharina von Mecklenburg (1487–1561) begegnet uns eine Frau, deren Rolle für die Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen nicht hoch genug anzusehen ist. Katharina war seit 1512 verheiratet mit Heinrich, dem Bruder Georgs des Bärtigen. Schon zu Lebzeiten ihres Schwagers, dessen erklärtes Ziel die Beibehaltung der alten Kirche in seinem albertinischen Herrschaftsbereich war, ließ sie sich nicht davon abhalten, lutherische Prediger zu unterstützen und ließ es zu, dass ihre Hofdamen in Freiberg Lutherschriften lasen. Andernorts, wie z. B. in Leipzig, konnte dies zu drastischen Maßnahmen wie Ausweisung führen. Der im Brief erwähnte Anton von Schönberg war 1533 von Georg aus seinen Diensten wegen seines Bekenntnisses zur Reformation entlassen und aus dem albertinischen Sachsen vertrieben worden. Seit 1536 hatte er dann Aufnahme am Freiberger Hof bei Katharina und ihrem Mann Heinrich gefunden.
So schlecht das Verhältnis Katharinas zum Bruder ihres Mannes war, so gut war es zur ernestinischen Familie des Mannes ihrer Schwester Sophia (†1503). Diese war mit dem Bruder Friedrichs des Weisen, Herzog Johann, verheiratet gewesen und Mutter des Ernestiners Johann Friedrich, der schon sehr zeitig in seinem Herrschaftsbereich die Reformation durchsetzte und Visitationen durchführen ließ.
In ihrem Herrschaftsbereich, dem Freiberger Gebiet, konnte Katharina ihren Ehemann Heinrich für die Einführung der Reformation gewinnen, was diesem am Ende den Beinamen „der Fromme“ einbrachte. Immerhin gerieten die beiden Brüder über Heinrichs Frau Katharina und ihre reformatorischen Neigungen 1529 in Streit. Heinrich war es auch, der nach dem Tode Georgs 1539 bei seiner Herrschaftsübernahme den Übergang des albertinischen Territoriums zur Reformation befahl. Dies geschah u. a. durch Visitationen, um festzustellen, inwiefern die Pfarrer und Gemeinden der neuen Lehre entsprachen oder nicht. Hier gab es teilweise Widerstand. Luther erwähnt in seinem Schreiben, dass dadurch die Visitation in Leipzig erschwert wurde.
Der Brief verdeutlicht, dass Luther in Katharina, die nach Georgs des Bärtigen Tod und dem Herrschaftsantritt ihres Mannes Heinrich neue Landesherrin war, eine Verbündete bei der Einführung der Reformation im albertinischen Herzogtum sah. Heinrich dagegen sei „alt und schwach“, mit dem neuen Regiment fast schon ein wenig überfordert, zumindest nicht die Visitation in der Weise vorantreibend, wie Luther und Katharina es gern hätten, die sich auf der Huldigungsreise Heinrichs in Leipzig getroffen und darüber verständigt hatten. Auch wenn er vier Tage zuvor schon an Heinrich einen Brief geschrieben hatte, in dem er ihm die Visitation ans Herz legte, bittet Luther in diesem Schreiben auch Katharina, sie solle den Visitator Anton von Schönberg und seine Mitarbeiter „anregen und bitten, dass die Visitation ja ordentlich vorangehe, denn zu Leipzig sind etliche böse Leute“. Ein Buch sei gegen die Visitatoren veröffentlicht worden. „Wenn das so wäre, würden wir dagegen antworten müssen.“ Die Fürstin möge helfen, dass nicht ein „Feuerlein aufgehe“. Sie – die Gegner – haben vielleicht Helfer; ihnen müsse man mit dem nötigen Ernst begegnen, damit sie ihrer Herrschaft nicht auf der Nase herumtanzen. „Euer fürstliche Gnaden wollten dem Wort Gottes zu Ehren und dem Teufel zu wehren gnädigen Fleiß anwenden, das wird Gott dem Vater das angenehmste Opfer und Gebet sein.“ Die Sorge, dass Widerstände die Einführung der Reformation verhindern könnten, klingt in diesen Zeilen Luthers an, war aber wohl doch nicht begründet.
Verfasser: Markus Hein
Signatur: Mscr.Dresd.R.96,S.62-64 (zum Digitalisat).
Edition der Quelle: WAB 8, 509-510 (Nr. 3366).
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