Autograph der Woche Ausgabe 16 von 95 |

Bucheintrag von Georg Major, 2. Januar 1558.

Signatur: Theol.ev.asc.965,S.L-M

Theologie im Stammbuch: Georg Major

Den hier abgebildeten Bucheintrag schrieb Georg Major (1502–1574), der aus Nürnberg stammte, in Wittenberg studiert hatte und seit 1537 als Prediger an der Schlosskirche in Wittenberg wirkte. Nach seiner Promotion zum Doktor der Theologie (1544) wurde er Professor an der Theologischen Fakultät, an der er von 1558 bis zu seinem Tod (1574) Dekan gewesen ist. Als Major im Jahr 1561 zum dritten Mal das Rektorat der Universität Wittenberg übernahm, erinnerte er sich an seine Immatrikulation 50 Jahre zuvor (1511 – damals war er gerade erst zehn Jahre alt!) und schrieb sich mit einer kurz gefassten Autobiografie erneut in die Matrikel ein. Darin sprach er die Hoffnung aus, nach seinem Tod „... zur himmlischen Akademie zu wandern, wo er aufs neue eine herzliche Gemeinschaft mit denen pflegen wird, mit denen er im irdischen Leben wie in einer Familie gelebt hat, und zwar mit Luther, mit Philippus [Melanchthon] und anderen Frommen und ‚Gefäßen des Heils‘ [Römer 9, 23] Gottes, die Leuchten dieser Akademie und des ganzen Erdkreises gewesen sind.“

Majors Zugehörigkeit zur Gruppe der Wittenberger Reformatoren spiegelt sich auch in den Bucheinträgen wider, die als Autographen in dem vorliegenden Band dokumentiert sind. Bucheinträge Majors wurden auch in eine Sammelpublikation von Bibel- und Bucheinzeichnungen der Wittenberger Reformatoren aufgenommen, die Georg Rörer (1492–1557) im Jahr 1547 herausgab, der ebenfalls zu dieser Gruppe gehörte. Die Bucheinträge Luthers und seiner Kollegen erschienen unter dem Titel: „Vieler schönen Sprüche aus Göttlicher Schrift Auslegung, daraus Lehre und Trost zu nehmen, welche der ehrwürdige Herr Doctor Martinus Luther seliger vielen in ihre Biblien geschrieben. Dergleichen Sprüche von andern Herrn ausgelegt sind auch mit eingemenget“. Diese Publikation war mit 13 Auflagen äußerst erfolgreich. Die Bucheinträge der Wittenberger Reformatoren fanden damit eine weite Verbreitung und regten darüber hinaus an, in Wittenberg Autographen zu sammeln.

Auch wenn Georg Major nicht zur „ersten Riege“ der Reformatoren zählte und eigentlich als Schüler Luthers und Melanchthons angesehen werden muss, wurde er von Studenten und Besuchern Wittenbergs ebenfalls um ein Autograph gebeten. In das vorliegende Album einer Person, die sich hinter den Initialen "V. M. R." im Einband verbirgt, schrieb Major am 2. Januar 1558 ein Zitat des 50. Psalms.

„Psalm 50 [Psalm 50, 15]
Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen.
In allem Gebet soll man erstlich das Gebot Gottes betrachten, welcher gebeut, dass man IHN, den enigen Gott, welcher ist Vater, Sohn und heiliger Geist, in der Not allein anrufen und nicht Zuflucht zu anderen Göttern oder zu den verstorbenen Heiligen haben soll.
Das andere Stück des Gebets ist der Glaube, welcher die Verheißung Gottes ergreifet, dass Gott um des Mittlers unsers Herrn Jesu Christi willen unser Gebet gewisslich erhören und uns aus unserer Not erretten werde.
Das letzte Stück ist, wenn nun das Gebet erhöret und die Errettung geschehen, dass alsdann die Danksagung folge, dass wir Gott für seine Wohltat loben, ehren und preisen.“

Mit seiner kurzen Auslegung des Psalmwortes folgte Major der üblichen exegetischen Methode, nacheinander die Leitworte des biblischen Textes zu erklären; in diesem Fall die drei Stichworte „anrufen“, „erretten“ und „preisen“. Das Psalmzitat gehörte zu den bevorzugten Bibelworten der Wittenberger Reformatorengruppe bei Bucheintragungen. In der Sammelpublikation von Georg Rörer (1547) finden sich sowohl von Luther als auch von Caspar Cruciger Bucheinträge mit dem Zitat von Psalm 50, 15. Möglicherweise wurde Major davon inspiriert, als er elf Jahre später diesen Bucheintrag schrieb.

Verfasser: Hans-Peter Hasse

Signatur: Theol.ev.asc.965,S.L-M (zum Digitalisat)

Edition der Quelle: Nicht nachgewiesen.

Literatur: Das Katalogisat mit weiteren Literaturangaben zur Handschrift finden Sie in der Datenbank Kalliope - dem zentralen Nachweisinstrument für Handschriften, Autographe und Nachlässe.