Autograph der Woche Ausgabe 22 von 95 |

Brief von Philipp Melanchthon an den Rat der Stadt Brandenburg, 15. Oktober 1558.

Signatur: Mscr.Dresd.R.97,Bl.14-15

Philipp Melanchthon. Ein Großvater in Sorge um seine Enkeltöchter.

Als der junge Wittenberger Universitätsprofessor Philipp Melanchthon (1497–1560) am 25. November 1520 Katharina Krapp (1497–1557), die Tochter des Gewandschneiders und Bürgermeisters Hans Krapp, zum Traualtar führte, wurde keine Liebesheirat gefeiert. Melanchthon wurde zur Ehe gedrängt, unter anderem von seinem Kollegen Luther, der sich um die Gesundheit des jungen Gelehrten sorgte, der sich rastlos und unermüdlich seinen wissenschaftlichen Studien widmete. Melanchthon dagegen fürchtete das „Joch der Ehe“, den Termin der Vermählung erwartete er als „Tag der Trübsale“.

Wenige Jahre später sprach er voller Liebe von seiner Familie. Vier Kindern schenkte Katharina Melanchthon das Leben, zwei Jungen und zwei Mädchen: Philipp (1525–1605), Georg (1527–1529), Anna (1522–1547) und Magdalena (1531–1576), die 1550 den Arzt Kaspar Peucer (1525–1602) heiratete, mit dem sie eine kinderreiche Familie gründete. Große Sorgen bereitete Philipp Melanchthon dagegen die Ehe der Tochter Anna mit seinem Schüler Georg Sabinus (1508–1560).

Sabinus lebte schon seit 1523/1524 im Hause Melanchthon und begleitete seinen akademischen Ziehvater unter anderem auf die Reichstage von Speyer (1529) und Augsburg (1530). Im November 1536 heiratete er auf Wunsch der Eltern die erst 14-jährige Anna. Es sollte keine glückliche Verbindung werden. Schon bald drangen Nachrichten über permanenten Streit und tiefe Zerwürfnisse zwischen den Ehepartnern an das Ohr des Wittenberger Professors. Sabinus bezeichnete seine Frau als mürrisch und zänkisch und warf ihr sogar vor, Ehebruch zu begehen. Es wurde von allen Seiten die Scheidung erwogen, die Sabinus aber letztlich doch ablehnte.

Melanchthon machte sich selbst schwere Vorwürfe, der Verbindung von Anna mit seinem Schüler Sabinus zugestimmt zu haben. Er blieb dennoch weiterhin um Ausgleich und Versöhnung bemüht und schrieb für seinen Schwiegersohn, der seit 1538 Professor für Rhetorik und Poesie in Frankfurt/Oder war, im Januar 1544 sogar einen Empfehlungsbrief – auch in der Hoffnung, durch eine äußere Veränderung eine Verbesserung der Lebensverhältnisse für seine geliebte Tochter Anna bewirken zu können. Sabinus wurde daraufhin Gründungsrektor der Universität Königsberg/Preußen.

Philipp Melanchthon sollte seine Tochter nie wiedersehen. Durch die ständigen Streitereien mit ihrem Ehemann und viele Schwangerschaften gesundheitlich zermürbt, starb sie im Februar 1547 nach der Geburt ihres sechsten Kindes noch vor Vollendung des 25. Lebensjahrs.

Am 15. Oktober 1558 ergreift Philipp Melanchthon die Feder und schreibt an den „Erbarn weisen und fürnemen Herrn Burgermeistern und Rath der löblichen Stadt, der Altenstadt Brandenburg“, der Geburtsstadt des Georg Sabinus. Er dankt als Großvater „wegen der freundlichen Erzeigung zu beiden meiner armen Kinder Hochzeiten.“ Die Kinder der unglücklichen Anna hatten wie ihr Vater das ferne Königsberg wieder verlassen. Zwei Enkeltöchter Melanchthons heiraten in Wittenberg. Von Katharina Sabinus (1539–1562) ist bekannt, dass sie im September/Oktober 1558 mit dem Juristen Michael Meyenburg in den Stand der Ehe trat. Das Paar hatte drei Kinder. Wie ihrer Mutter war auch Katharina Meyenburg kein langes Leben beschieden. Sie starb im Alter von 23 Jahren.

Das Leben der Menschen ist bedroht – durch tödliche Krankheiten, Streit und Krieg. Dessen ist sich Melanchthon bewusst. Er verleiht deshalb in seinem Schreiben an den Bürgermeister der Stadt Brandenburg auch seiner Hoffnung Ausdruck, Gott „wölle gnädiglich in diesen Landen selige Regiment und Frieden erhalten, und Euch und die Ewren bewaren, und unsern armen Kindern und ihren Nachkommen Kirchen und selige Regiment geben.“

Verfasser: Axel Lange

Signatur: Mscr.Dresd.R.97,Bl.14-15 (zum Digitalisat)

Edition der Quelle: MBW Nr. 8751; CR 9, Sp. 645 (Nr. 6616).

Literatur: Das Katalogisat mit weiteren Literaturangaben zur Handschrift finden Sie in der Datenbank Kalliope - dem zentralen Nachweisinstrument für Handschriften, Autographe und Nachlässe.